Montag, 16. Dezember 2019

Anreise mit Hindernissen

Tja, da gibt es trotz der kurzen Reise doch einiges zu erzählen.
Eine Motorsäge wollte ich in Norwegen haben. Weil der Transport im Flieger ja nicht ganz ungefährlich ist, habe ich sowohl in den Gepäckbestimmungen nachgelesen, als auch sicherheitshalber bei der Fluglinie angerufen. Also, wenn die Säge im aufgegebenen Gepäck ist und kein Öl oder Benzin drin ist, darf sie problemlos mitfliegen versicherte mir die Dame am Telefon. Daraufhin habe ich mir eine Säge gekauft und gut verpackt. Da in dem Paket noch Platz ist, packe ich weitere Dinge dazu, bis die 20 kg mehr als ausgereizt sind. Kein Henkel an dem schweren Karton - also lege ich mir noch einen Einkaufstrolly zu und schnalle den darunter. Eine gute Idee, finde ich. Mein Hyndgepäck ist deutlich leichter. und kompensiert das Übergewicht. Ich habe noch eine weitere schwere Tasche dabei, dort habe ich weiteres Werkzeug, Mitbringsel und Baumaterial verstaut - ich bin sehr gut beladen!
Am Check in sitzt eine nette Blondine, die frage muss, was in dem Karton verpackt ist - das ist ihre Pflicht. Eine Motorsäge. Das geht leider nicht, teilt sie mir und Kathi mit, die mich freundlicherweise wieder zum Flughafen gebracht hat. Jetzt bin ich aber schwer enttäuscht, dass die Auskunft der Fluglinie falsch ist! Ob ich das schriftlich hätte? Natürlich nicht. Die Dame gibt ihr Bestes und ruft beim Oberpackmeister an, um die Chancen nochmals zu checken. Es gibt keine. Selbst wenn ich ein Schreiben des Verkäufers hätte, dass die Säge niemals Öl und Benzin gesehen hätte und penibelst gereinigt worden wäre, dürfte ich sie nicht mitnehmen. Und jetzt? Wie kommt die Säge dann nach Norwegen? Hm... Mitten am Flughafen muss ich jetzt alles ummodeln: den mühsam zurechgeschnittenen Karton öffnen. Schlauerweise (wegen des hohen Gewichts) habe ich schon mal Messer und Klebeband mitgenommen. Die Säge ist nochmal in einem weiteren, kleineren Karton eingepackt, in den ich jetzt stattdessen versuche, alle Kleinteile unterzubringen. Die Säge muss Kathi wieder durch den Flughafen zurück zum Auto bringen. Damit sie nicht auffält, verschwindet sie in dem großen Karton. Tatsächlich bekommen wir alles in den kleinen Karton und verkleben ihn schnell. Der Trolly muss nun die Gepäcktasche schleppen. Er wird mit Folie und Gurten befestigt und zur Sicherheit nehme ich für den Flug die Räder ab. Die 2 Stücke müssen nun zum Sondergepäck aber sonst ist alles gut.
In Oslo gibt es am Flughafen nun auch für Transferflüge eine zusätzliche Sicherheitskontrolle. Na ja, dann halt wieder Jacke und Schuhe ausziehen, durch die Schleuse gehen und wieder alles zurückbauen. Keine weiteren besonderen Vorkommnisse.
Im Norden ist es ziemlich klar, so dass ich viele Lichterketten erkennen kann. Ich rate, wo wir gerade sein könnten, als wir den Flughafen Evenes ansteuern. Ich erkenne die Tjeldsundbrücke und daraufhin auch die nächsten Ortschaften.
Da mein Gepäck erfahrungsgemäß meist als letztes ankommt, suche ich zuallererst den Busfahrer für den Kleinbus nach Kjeldebotn. Der Fahrer stammt aus Eritrea und ich weiß nicht, ob unser beider norwegisch so miserabel ist; auf jeden Fall ist die Verständigung schwierig. Ich bitte ihn zu warten, bis ich mein Gepäck habe. Ausnahmsweise ist meine Tasche eine der ersten, die auf dem Transportband liegt. Aber oh je, der Trolly ist nur noch ein verbogener Haufen Blech. Die Fixierungsfolie ist abgeirssen und der Restmüll nur provisorisch an meiner Tasche befestigt. Ärgerlich! Und der andere Karton? Der kommt überhaupt nicht! Mist! Also zur Reklamation. Der Herr ist zwar nett, aber es braucht eben alles seine Zeit. Der Taxifahrer hat noch zwei weitere Fahrgäste und wird unruhig. Aber er wartet.
Mit einem Haufen Papieren, meinem halben Gepäck und etwas Müll packe ich mich ins Taxi. Ich möchte gerne bei Jardar aussteigen, sein Haus liegt auf der halben Strecke nach Kjeldebotn. Der Taxifahrer ist in Eile und fährt am Hof vorbei, damit die anderen Gäste die Fähre erwischen. Er will mich auf dem Rückweg rauslassen - das ist fair. Dafür fährt er mich bis auf den Hof. Der besteht aber heute nur aus einer mehrere Zentimeter dicken spiegelglatten Eisschicht. Der Bus rutscht ziellos dahin. Ich lasse mein Gepäck am Rande in den Schnee ausladen und versuche dann, ohne Sturz bis zum Haus zu gelangen. Extrem vorsichtig und mit abstützen an den abgestellten Autos gelingt mir das - Jardar ist sofort zur Stelle und wir hoffen gemeinsam, dass Hägar anspringt.
Jardar hat auf meine Bitte vor eine paar Tagen die Batterie aufgeladen. Hägar ist unter einer Plane und ein paar beschwerenden Platten versteckt. Die Batterie scheint gut zu sein, es dauert jedoch ein wenig, bis Hägar anspringt. Ein paar mal muss ich schon orgeln - aber das ist ja kein Wunder, wenn man nach langer Zeit mitten im Winterschlaf gestört wird. Wir müssen uns erst wieder aneinander gewöhnen, ich habe vergessen, wo alle Schalter und Knöpfe sind, die sich unter den Lenkerstulpen verstecken. Es dauert etwas, bis ich das Gepäck verstaut und mich ordentlich angezogen habe. Allradantrieb rein und langsam übers Eis gerutscht - wir erreichen die Straße. Dort ist geräumt, aber trotzdem eisig. Nur vermutlich nicht ganz so glatt. Schnee hat es, aber keine Unmengen. Ich werde mir das morgen bei Tag mal anschauen müssen. Bei Tag? Ach, da kann ich ja lange warten...ich vergaß!

Als ich nach Liavika komme, erkenne ich doch tatsächlich Sverre vor seinem Haus. Kurzentschlossen fahre ich hin - ich hatte im September auf seine Mailbox gesprochen; er sollte mir Holz bringen. Ich habe wenig Hoffnung, dass das geklappt hat. So ein Glück, dass ich ihn jetzt sehe! Die Unterhaltung ist nicht einfach - ich habe wieder viel vergessen und Sverre spricht schnell. Aber - wir werden uns einig, dass er die Tage 2 Paletten mit Brennholz vorbeibringt.
Der Schnee liegt nicht sehr hoch und so ist die Auffahrt zu meiner Hütte kein Problem. Aber - wie sieht es denn hier aus??? Sonderbare und abenteuerliche Unterbauten sollen die Hütte stützen, sieht gar nicht vertrauenerweckend aus und funktioniert anscheinend auch nicht. Dicke Eisenträger liegen kreuz und quer und versperren den Zugang zu meiner Treppe. Ich muss erst noch ein paar herumliegende Bretter zur Seite räumen und über einige Paletten steigen, bis ich an meinen Aufgang rankomme. Oh - auch hier ist es sauglatt! Und ich habe (noch) keine Spikes an den Stiefeln. Die EIngangstür klemmt (wie übrigens jetzt alle Türen) und im Windfang steht eine große Palette mit dem Glas für die Terrassentür. Sie versperrt den Weg durch die zweite Tür. Anscheinend soll ich mit aller Macht von meinem trauten Heim ferngehalten werden? Aber nicht mit mir! Also - anpacken, Fensterscheibe nach draußen verfrachten. Und - einen Weg von der Haustür bis ans untere Treppenende halbwegs eisfrei machen!
Strom an! Heizung einschalten. Viele Heizungen. Der Wärmetauscher braucht ein wenig, bis er anspringt. Ich stelle ihn auf volle Pulle - aber das ist ihm bald zu viel und er versinkt im Frostschutzmodus. Der elektirsche Heizkörper an der Wand wird lauwarm, ein weiterer Heizlüfter im Schlafzimmer gibt sein Bestes.
1000 tote Fliegen liegen auf dem ganzen Fußboden verstreut - das habe ich schon erwartet. Also werfe ich nun schnell mal den Staubsauger an, damit ich mich wohler fühlen kann. Dann will ich mich unten mal noch etwas genauer umschauen - Licht funktioniert ja jetzt. Hm. Begeistert bin ich nicht, aber das Schlimmste hab ich ja schon gesehen. Bin gespannt, wie sich Björn das weitere Vorgehen vorstellt... Ja, mein Badestamp steht auch noch. Hoffentlich reicht mir morgen die Zeit, ihn auszupacken und einzuheizen. Holz ist nicht mehr viel da, aber Sverre bringt ja hoffentlich bald Nachschub.
Ab nach drinnen. Holzofen auch noch anschüren. Das funktioniert gut und bald pfeift der Wasserkessel, der mir einen heißen Kakao spendiert. Wir haben schon 8 Grad im Wohnzimmer!
Ich schreibe noch den Blog - für Fotos habe ich jetzt keine Lust/Zeit mehr. Dann schaun wir mal, ob das Bettchen auch schön warm wird. Gute Nacht!

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